Der
Gute Gott erschuf die Engel, doch einige von diesen wurden ihres
Hochmuts wegen zu Dämonen. Danach formte Gott den Menschen, damit er den
Platz der gefallenen Engel einnehme, und liess die Dämonen frei in
ihrem Treiben, bis zu einem gewissen Grad und bis zu einer gewissen
Zeit, damit sie uns mit ihrer Bosheit helfen, das heisst damit wir
geprüft werden hienieden auf Erden und eingehen können ins himmlische,
ins ewige Leben. Der Mensch ist zugelassen zur geistigen Prüfung,
solange er lebt. Dann aber ist Prüfungsschluss.
Lasst uns deshalb kämpfen, damit wir wenigstens die geistige Mindestnote ergattern und durchkommen ins Paradies. Amen.
Wer
geistig kämpft, bekämpft den Feind, den Teufel, so ist es nur
natürlich, dass auch er bekämpft wird von ihm. Der Mensch, der den
geistigen Feind besiegt, wird gekrönt werden von Christus.
Erprobtheit
erlangt man durch die Feuergeschosse der Dämonen, die der Soldat
Christi im geistigen Krieg empfängt. Noch bevor der Feind den Kampf
beginnt, fängt er an, den Kämpfer mit Gedanken zu bombardieren. Das
Jesus-Gebet ist die mächtigste Waffe gegen die Gedanken des Feindes.
Der geistige Fortschritt des Kämpfenden hängt nicht ab vom guten geistigen Vater, sondern von den guten Gedanken des Jüngers.
Der
Jünger, der einen schlechten Gedanken über seinen Geronta annimmt und
dadurch sein Vertrauen in ihn verliert, bricht von selbst zusammen, so
wie die Kuppel einstürzt, wenn man den Schlußstein entfernt.
Damit
der Geist und das Herz geläutert werden kann, darf der Mensch keine
bösen Gedanken annehmen, noch auch selbst Böses denken. Er muss mit
Einfachheit und Demut handeln und hochherzig kämpfen.
Reine
Gedanken haben grössere geistige Kraft als jede andere Askese, wie
Fasten, Wachen usw., für jene, die darum ringen, ihre seelische und
körperliche Reinheit zu bewahren.
Die Anfechtung
durch das Fleisch, die von der Natur kommt, weicht mit Fasten, Wachen
und Gebet, sofern kein Hochmut vorhanden ist.
Wenn
der böse Gedanke mit dem alten, dem fleischlichen Menschen
zusammenwirkt, fügt er der Seele doppelten Schaden zu, so wie auch der
Teufel, wenn er zusammenwirkt mit einem Menschen, der Welt doppelten
Schaden zufügt.
Die blasphemischen Gedanken kommen alle vom Teufel und nicht vom Menschen.
Mit
blasphemischen Gedanken quält der Teufel gewöhnlich die empfindsamen
Menschen, mit dem Ziel, sie zu betrüben und zur Verzweiflung zu treiben.
Blasphemische
Gedanken sind wie die Flugzeuge, die uns belästigen mit ihrem Lärm,
ohne dass wir es wollen und ohne dass wir sie hindern können. Das
schwere Fliegerabwehrgeschütz ist die Psalmodie, denn sie ist Gebet zu
Christus, aber auch Verachtung des Teufels.
Am
Anfang des geistigen Lebens vertreibt der Kämpfende die schlechten
Gedanken mit geistiger Lektüre, ununterbrochenem Gebet und hochherziger
Askese. Danach kommen ihm nur noch gute Gedanken. Später hören auch die
guten Gedanken auf, und er empfindet eine Leere, und danach kommt die
göttliche Erleuchtung zum Menschen.
Der Gottesmann kennt den Bösen, doch der Böse kennt die guten Gedanken der Menschen nicht.
Die
schlimmste Krankheit unserer Epoche sind die nichtigen Gedanken der
weltlich gesinnten Menschen, die Angst und Beklemmung erzeugen. Ihre
Heilung verschafft Christus allein, Der Ruhe und Ewigkeit in die Seele
bringt. Dazu genügt, dass der Mensch seinen Sinn ändert und sich zu
Christus hinwendet.
Wer viele Sünden auf dem
Gewissen hat, hat auch viel Anlass zur Demut, und viel Demut zieht die
göttliche Gnade an. Es genügt, wenn der Mensch danach die Gelegenheiten
zur Sünde meidet, die Ursachen, um die Gnade zu bewahren.
Die
Wüste hilft sehr beim Tilgen der Leidenschaften der Seele, so wie auch
das Queckengras in der unfruchtbaren Einöde verschwindet, während es im
Schlamm gross wird wie die Binsen.
Bewundert nicht
jene, die zum Mond fliegen, sondern jene, die sich entfernen von der
weltlichen Gesinnung und sich Gott nähern und frohlocken.
Der
Mensch, der sich von Gott entfernt, findet nirgends Ruhe für seine
Seele, weder im vergänglichen Leben auf Erden noch im künftigen der
Ewigkeit. Denn wer nicht an Gott glaubt und an das künftige ewige Leben,
bleibt ohne Trost im gegenwärtigen Dasein und verurteilt seine Seele in
Ewigkeit.
Je mehr die Menschen sich abwenden vom
einfachen, natürlichen Leben und sich dem Luxus hingeben, umso mehr
wächst auch die menschliche Angst. Und je mehr sich die weltliche
Höflichkeit verbreitet, desto mehr verliert sich die Einfachheit, die
Freude und das spontane menschliche Lächeln.
Gott
ist unendlicher Geist (Νους), und durch seinen Geist (νους) ist der
Mensch mit Gott verwandt und nähert sich Ihm. Gott ist unendliche Liebe,
und mit einem reinen Herzen erfährt der Mensch Gott. Gott ist einfach,
und in Einfachheit glaubt der Mensch, kämpft er demütig und hochherzig
und erfährt er die Mysterien Gottes.
Die Jahre
vergehen, und die Menschen altern. Bleibt daher nicht am Wegkreuz
sitzen. Wählt ein Kreuz, das eurer Hochherzigkeit entspricht, schreitet
voran auf einem der beiden Wege, die unsere Kirche anerkennt [Das heisst
dem Weg der Ehe oder dem Weg des Mönchtums], und folgt Christus zur
Kreuzigung, wenn ihr die Freude der Auferstehung kosten wollt.
Die
menschlichen Kreuze sind bloss Kreuzlein, die uns helfen zur Rettung
unserer Seele. Doch das Kreuz Christi war sehr schwer, denn Er machte
keinen Gebrauch von Seiner göttlichen Macht für Sich selbst.
Das
beste Heilmittel bei jeder Prüfung, die uns trifft, ist die grössere
Prüfung unserer Mitmenschen. Es genügt, sie uns zu vergegenwärtigen.
Jesus ist süss, und wenn einer die Bitterkeit seines Schmerzes an Christus anlehnt, wird die Bitterkeit zur Süsse.
Willst
du, dass dein Gebet zum Herzensgebet wird, sodass es Gehör findet bei
Gott? Dann mach den Schmerz deiner Mitmenschen zu deinem eigenen
Schmerz. Schon ein einziger von Herzen kommender Seufzer für deinen
Nächsten bringt positive Ergebnisse. Das göttliche Zeichen dafür, dass
das Gebet angenommen wurde, ist der göttliche Trost, den der Mensch nach
dem Gebet empfindet.
Das stille nächtliche Gebet
hilft sehr und ist auch förderlicher für unsere geistige Entfaltung,
geradeso wie der sanfte Regen der Nacht das Wachstum der Pflanzen mehr
fördert als der Regen des Tags.
Der Schlaf
unmittelbar nach Sonnenuntergang ist sehr nützlich für den
Leib. Das Wachen nach Sonnenuntergang aber, im Gebet mit ergriffenem
Herzen, ist eine grosse Hilfe für die Seele.
Dreht
die Gebetsschnur ohne Unterlass, bis das geistige Öl sich erwärmt und
der geistige Motor anspringt, sodass das Herz das Gebet von alleine
sagt.
In dem Mass, wie der Mensch sich aufopfert und
betet für sich selbst und seine Mitmenschen, wird er auch die göttliche
Hilfe empfangen.
Das Vertrauen auf Gott für alles,
was sich mit menschlichen Mitteln nicht erreichen lässt, ist ein
unausgesetztes mystisches Gebet, das positive Ergebnisse bringt.
Wer
auf Gott vertraut, sät Doxologie und erntet göttliche Freude und
unvergänglichen Segen. Doch wer Jammer sät, erntet Jammer und führt
Angst in seine Scheune ein.
Das süsse Leben erfahren
nicht jene, die es auf weltliche Art geniessen, sondern jene, die
geistig leben und auch Bitteres mit Freude hinnehmen, als Heilkraut zur
Gesundung ihrer Seele, und die Nahrung nur zu sich nehmen, um den Körper
am Leben zu erhalten.
Wenn dein Nachbar hungert,
gib ihm dein Essen. Wenn kein hungernder Mensch da ist, gib dein Essen
den hungernden Tieren, denn aus dem Fasten wird deine Seele Nutzen
finden im Hinblick auf das Paradies, während es für die armen Tiere ein
Paradies nicht gibt. Doch sie haben den Vorzug, dass es auch eine Hölle
nicht gibt für sie.
Die Freude, die der Mensch
empfindet, wenn er eine materielle Segensgabe empfängt, ist eine
menschliche Freude. Doch die Freude, die er empfindet, wenn er gibt, ist
eine göttliche. Die göttliche Freude kommt mit dem Geben!
Die
innere Verwandlung und das Herzensglück, das die Seele erfährt, wenn
sie einem Mitmenschen ein Almosen schenkt oder eine Gefälligkeit
erweist, wie gering sie auch sei, vermag auch der grösste Herzspezialist
nicht zu verschaffen, selbst wenn man ihm einen Sack voll Dollars gäbe.
Wer
sich aus reiner Liebe müht für seinen Nächsten, findet Erholung in
seiner Müdigkeit. Doch jener, der sich selbst liebt und faulenzt,
ermüdet selbst noch im Sitzen.
Der Arbeitsame, lebe
er im Kloster oder in der Welt, wird geistig vorankommen, denn er tut
seine Arbeit mit Hochherzigkeit. Doch der Mensch, der die ihm von Gott
geschenkte Hochherzigkeit nicht pflegt, wird ein Taugenichts bleiben,
bei der einen Lebensweise ebenso wie bei der anderen.
Die
armen Maultiere sind besser gesittet als die gefühllosen Menschen, denn
sie werden sowohl von Mitleidigen als auch von Erbarmungslosen gekauft
und gehorchen beiden ohne Unterschied. Sie arbeiten hart und ertragen
alles ohne Murren und ohne jedes Entgelt. Sie übertreffen uns mithin in
der Besitzlosigkeit, in der Geduld und im Gehorsam.
Der
Mensch, der demütig die Verfehlung seines Mitmenschen erträgt, besitzt
eine höhere Liebe als jener, der den schweren Tourva seines Weggenossen
trägt.
Nimm die Ungerechtigkeit als grossen Segen
hin, denn daraus legst du dir einen Schatz im Himmel an. Doch strebe
nicht danach, dass man dir Unrecht tut, denn das verbirgt höfliche
Böswilligkeit.
Wenn man dir Unrecht tut, sag nicht: „Gott wird es ihm heimzahlen", denn so verfluchst du mit Höflichkeit.
Demjenigen,
der dich aufrichtig um Verzeihung bittet, nachdem er sich verfehlt hat
gegen dich, vergib mit Güte jedesmal, wenn er sich verfehlt, und liebe
ihn aus der Nähe. Dem Hinterlistigen aber, der vorgibt, dich um
Verzeihung zu bitten, um dir Schlingen zu legen, und dich ständig in
seine Angelegenheiten verstrickt, die auch anderen Menschen in der Seele
schaden, dem vergib 77 Mal zusammengenommen und liebe ihn danach aus
der Ferne und bete für ihn.
Nimm die Ungerechtigkeit
mit Freude hin, wenn sie dir nicht in der Seele schadet. Je geistiger
ein Mensch ist, desto weniger Rechte hat er in diesem Leben, denn die
Rechte des Gerechten verwahrt Christus für das himmlische Leben.
Je
mehr sich der Leib für Christus müht, desto mehr erfreut sich die Seele
der Nähe Christi, und die Darbringung eines solchen Menschen an seine
Mitmenschen hat grössere Wirkung, denn sie ist wahrhaft geistig.
Der
mitfühlende Mensch stellt sich an den Platz des Leidenden, er betet, er
tröstet, doch er wird auch selbst mit göttlichem Trost belohnt von
Christus, im Mass seines Mitleidens. Der Erbarmungslose aber, der den
Platz des anderen begehrt und ergreift, wird selbst ergriffen von der
Angst und lebt die Hölle zum Teil schon von diesem Leben an.
In
der Liebe zu unserem Nächsten verbirgt sich unsere grosse Liebe zu
Christus. In unserer Verehrung für die Allheilige Gottesmutter und die
Heiligen verbirgt sich wiederum unsere grosse Verehrung für Christus –
für den Dreieinigen Gott.
Die heiligen Engel verherrlichen Gott ohne Unterlass mit beflügelter Verehrung: Heilig, Heilig, Heilig…
Damit
der Mensch fliegen kann wie ein Engel, muss er seine Last fliegen
lassen, das heisst die Leidenschaften der Seele und seinen materiellen
Besitz, den er den Armen geben soll, denn wo materieller Reichtum ist,
da ist geistige Armut.
Des Armen erbarmt sich selbst
der Dieb, doch den Reichen macht er zum Besitzlosen, allerdings auf
ungute Weise. Besser ist, wenn der Mensch von sich aus besitzlos wird,
indem er dem Evangelium Christi folgt. So wird er Sein himmlisches Reich
erben.
Weil die Menschen im Himmel wie die Engel
leben werden, beginnen einige hochherzige Junge jenes Leben schon
hienieden, indem sie Mönche werden und in Jungfräulichkeit,
Besitzlosigkeit und Gehorsam leben.
Eins und dasselbe ist das Engelsgewand der Mönche und der Mönchinnen. Da gilt nicht mehr Mann und Frau (Gal. 3, 28).
Damit
sich in unserem Herzen die mönchische Gesinnung entfalten kann, muss
zuerst unsere weltliche Gesinnung sterben und zur Pflanzerde werden. Und
damit die Leidenschaften sterben, muss einer an den Tod denken, an das
Gericht, und hochherzig für Christus leiden, Der vieles erlitt, sogar
den Tod, um uns zu erlösen!
Es ist gut für den
Mönch, in seiner Metanie zu sterben, jedoch in Metanie [Zum Verständnis
dieses Wortspiels mit "Metanie", siehe Glossar].
Wer
um die hohe Würde des Engelsgewands weiss, strebt nach keiner anderen
Würde. Wenn du ein rechter Mönch wirst, wirst du dich auf Erden wie im
Himmel mit den Engeln freuen. Wenn aber nicht, werden dich die
weltlichen Menschen verspotten und die Engel werden trauern.
Der
Mönch, der weltlich lebt, ist gequält und sein Dasein ein Misserfolg.
Auch für Christus wird es ein Problem sein, zu entscheiden, wo Er ihn im
anderen Leben einordnen soll – bei den Mönchen oder bei den Weltlichen?
Der Mönch ist ein Licht für die Welt, ein Leuchtturm auf den Felsen, nicht eine blosse Laterne.
Wenn
der Mönch um Christi willen darauf verzichtet, Menschen zu sehen, sieht
er viele Menschen und hilft ihnen auf göttliche Weise mit dem Gebet, in
Dingen, die mit menschlichen Mitteln nicht zu erreichen sind.
Die
Mönche sind die Funker unserer Kirche. Aus diesem Grund auch entfernen
sie sich vom Lärm der Welt – um bessere Verbindung zu haben zu Christus
durch das Gebet und auf diese Weise zu helfen.
Wenn
sich der Mönch hochmütig in Gegensatz stellt zu den Weltlichen, wird er
stürzen und weltlich werden. Doch wenn er demütig um das Erbarmen Gottes
bittet und kämpft und alle Menschen als gut und heilig ansieht, folgt
er den Heiligen.
Damit die Seele geistig auferstehen
kann, muss der Mensch gekreuzigt werden, müssen die Leidenschaften der
Seele sterben, allem voran der Egoismus, jenes anarchische Kind des
Hochmuts, das die göttliche Gnade hindert und den Menschen zu Fall
bringt.
Damit der Mönch geistig vorankommt, muss er
die Logik hinter sich lassen, sich demütigen und mit dem Herzen
arbeiten. Und damit die Mönchin vorankommt, muss sie die
Eifersüchteleien hinter sich lassen und geistig zum Mann werden, der
Logik den Vortritt geben und das Herz bremsen.
Betrachtet
die geistige Arbeit an euch selbst nicht als Zeitverschleiss, denn für
euch ist sie unabdingbare geistige Voraussetzung und für eure
Mitmenschen positive Hilfe.
Vorsicht, erwerbt euch
nicht einen guten Namen, denn dieser wird danach zum grössten Feind
eurer Ruhe! Noch grössere Vorsicht ist dem Mönch geboten, damit er nicht
einen guten Namen erwirbt seines sorgfältigen geistigen Lebens wegen,
denn mit dem Ruhm der Welt bringt er sich um die Früchte seiner Mühen.
Bei einem unsorgfältigen Leben dagegen, wenn einer es bereut, kann er
mit der schlechten Meinung der Menschen über ihn wenigstens ein paar
Sünden abzahlen. Wenn der Mensch das Gute, das er tut,
bekannt macht und sich brüstet damit, wird es ihm abgerechnet. Er hat
sich umsonst gemüht und wird in Sünde fallen.
Der
Mönch, der weltlich denkt, zeigt damit, dass er von seinem Weg
abgekommen ist. Während er auszog, um zu Christus zu gelangen, wendet
sich seine Seele zurück zur Welt.
Die Mönche, die
sich ständig mit überflüssigen Bauarbeiten und weltlichen
Verschönerungen beschäftigen, zeigen damit, dass sie irdisch sind, Lehm
und Ziegel, und keineswegs göttlicher Geist.
Einfache
Gebäude und schlichte Gegenstände versetzen die Mönche im Geist in die
Höhlen und bescheidenen Einsiedeleien unserer Heiligen Väter, und so
finden sie geistigen Nutzen. Mondäne Gegenstände aber erinnern an die
Welt und machen die Mönche weltlich in der Seele.
Die
athonitischen Heiligen waren Menschen wie wir. Auch der Athos selbst
war ein wildes Gebirge wie die anderen. Doch weil unsere Väter
hochherzig kämpften, heiligten sie sich selbst und heiligten auch den
Berg, der fortan Agion Oros, Heiliger Berg, genannt wurde. Und wir nun brüsten uns, Agioriten zu sein!
Unsere
Heiligen Väter heiligten die Wüste und verwandelten sie in eine
geistige Stadt, doch wir leider verwandeln sie nun in eine weltliche
Stadt.
Jede weltliche Ordnung im Mönchtum ist zugleich eine grosse geistige Unordnung.
Trachte
nicht danach, Bruder, die ruhige Wüste deinem unruhigen weltlichen
Selbst anzupassen, sondern achte die Wüste, damit sie dir helfe mit
ihrer Ruhe, sodass du Ruhe findest von deinen Leidenschaften und Gnade
empfängst von Christus.
Willst du Hesychast werden
und in der Stille leben, erlange zuerst deine innere Stille
inmitten der äusseren Unstille, durch gute Gedanken.
Der
Anfänger, der sich von der Bruderschaft absondert, um Hesychast zu
werden, gleicht der unreifen Feige, die man abschneidet vom Baum. Milch
tröpfelt noch daraus, woran deutlich wird, dass sie noch Milch nötig
hat.
In früheren Zeiten, als die Altväter
zahlreicher waren, machten auch die Jüngeren geistige Fortschritte. In
unserer Zeit aber, wo die meisten von uns bloss alt sind, was können da
die Jungen noch tun?
Unsere Väter früher hatten
einen kämpferischen Geist. Sie fasteten viel und zogen im Wasser
Gesottenes vor. Deshalb auch hatten sie Heiligkeit und körperliche
Gesundheit. In unserer Zeit aber fliehen wir die Askese und das im
Wasser Gesottene und sind selbst zu Gesottenen geworden. Selbst die
Henne könnte fliegen und dem Falken entraten, wenn sie aufhörte, in der
Erde zu wühlen, und ihr Fett abwürfe.
Wer den Tourva
auf dem Rücken trägt, fragt sich, wann er ankommen und die Last abladen
wird. Wieviel grösser noch ist die Mühsal, wenn einer ständig
Übergewicht mit sich schleppt, das er sich selbst auflädt mit der
Vielesserei, die zudem seiner Gesundheit schadet!
Der
asketische Mensch sieht sein abgemagertes Fleisch als Freund seiner
Seele, der ihm hilft bei ihrer Heiligung. Doch der Wohlgenährte macht
das Fleisch zum Feind seiner Seele, und es bekämpft sie. Da sucht der
Böse nach einer Gelegenheit, ihn mit schändlichen Gedanken zu
bombardieren.
Süss ist das Brot nach dem Fasten,
süss der Schlaf nach der Nachtwache. Und nach der ermüdenden Arbeit ist
selbst der harte Stein erholsamer für uns als der Polstersessel.
Je mehr einer den menschlichen Trost flieht, desto mehr nähert sich ihm der göttliche.
Wenn
die Menschen einfach lebten, dem Evangelium gemäss und Christus nah,
würden sie von Ihm geistige Süsse empfangen und wären nicht gewürgt von
weltlicher Angst und gefüllt mit der Bitterkeit der Beruhigungsmittel,
die aus ihnen Schlappen machen.
Da die menschlichen
Erleichterungen die Grenzen überschritten haben, sind sie zu
Erschwerungen geworden. Die Maschinen haben sich vervielfältigt, die
Ablenkungen haben sich vervielfältigt, sie haben den Menschen selbst
zur Maschine gemacht. Nun kommandieren Maschinen und Eisen dem Menschen,
und deshalb sind auch die Herzen der Menschen eisern geworden.
Die
weltliche Entwicklung mit ihrer sündhaften Freiheit, hat die geistige
Versklavung gebracht. Die geistige Unterordnung unter den Willen Gottes
aber bringt der Seele Freiheit, und die geistige Führung gewährleistet
göttliche Sicherheit.
Der geistige Vater ist für seinen Jünger in dem Mass verantwortlich, wie dieser ihm gehorcht.
Der Anfänger ist wie eine leere Tonband-Kassette. Sein Altvater wird Rechenschaft abzulegen haben für ihn.
Unterordnung
bedeutet nicht, dass der Jünger [Gr. υποτακτικός wörtl. der
Untergeordnete] bloss äusserlich gehorcht, sondern dass er
in seiner Gesinnung dem Geist seines Altvaters untergeordnet ist, und
dies mit Freuden.
Wer an seinem eigenen Willen festhält, vertreibt den Willen Gottes und hindert die göttliche Gnade.
Weil
der Demütige keinen eigenen Willen und keinen Egoismus hat, empfängt er
die göttliche Erleuchtung. Weil er ausserdem demütig Rat annimmt, wird
er auch weise.
Damit sich einer unterordnet, muss
er den anderen entweder verehren oder fürchten. Die Unterordnung aus
Verehrung ist geistiger Art, jene aus Furcht dagegen ist militärische
Disziplin.
Wenn nicht jeder von uns sich selbst
korrigiert, sodass sich das Gute vervielfältigt, wie könnte das Gute auf
gute Weise die Oberhand gewinnen in der Welt?
Zwingt
euch nicht auf egoistische Art, über eure Kräfte hinaus, sodass Angst
und Beklemmung entsteht. Christus ist ein zärtlicher Vater und nicht ein
Tyrann. Was Ihn erfreut, ist unser hochherziger Kampf.
Wenn
wir nicht streng oder überhaupt nicht kämpfen können, anerkennen wir es
zumindest in Demut und bitten wir um das Erbarmen Gottes. Könnte uns
auch das Nichtanerkennen unserer Schwäche helfen, würde Christus nicht
einmal jene Anerkennung von uns verlangen.
Damit
einer die göttliche Botschaft des Wortes Gottes vernehmen kann und
verwandelt wird durch sie, muss er den Knopf auf die Frequenz
einstellen, auf welcher Christus durch das Heilige Evangelium sendet,
und Seine göttlichen Gebote mit Ehrfurcht halten.
Eines
ist die Gottesfurcht (ευλάβεια), etwas anderes der Respekt (ευσέβεια).
Die orthodoxe, östliche Gottesfurcht unterscheidet sich vom westlichen,
europäischen Respekt. Gottesfurcht hat göttliche Gnade in sich, Respekt
aber menschliches Denken.
In unserer Zeit, wo diese
grosse Verwirrung herrscht im Denken, haben wir die Schriften der
Heiligen Väter beiseitegeschoben und zu den Zeitschriften gegriffen, die
noch mehr verwirren. Auch das Heilige Evangelium haben die meisten von
uns beiseitegeschoben und stürzen uns, Erfahrene ebenso wie Unerfahrene,
auf das Pedalion [Sammlung der Regeln (Kanones) der Orthodoxen
Kirche, zusammengestellt und kommentiert vom Hl. Nikodimos vom Hl.
Berg], weshalb das Heilige Schiff, unsere Kirche, denn auch von den
Wogen gepeitscht wird.
Es ist gut, geistige Bücher zu lesen, noch besser aber ist, sie in die Tat umzusetzen und ein geistiges Leben zu leben.
Ein
rechter Mensch ist nicht jener, der recht zu reden weiss, sondern
jener, der auch recht lebt, dem Evangelium gemäss.
Früher
hatten die Menschen Werte in ihrem Leben, sie waren gewissenhaft,
aufrichtig, ehrlich usw. Damals hatten die materiellen Dinge geringen
Wert. Heute aber, in unseren Tagen, sind die Werte leider aus unserem
Leben gewichen, während wir im Materiellen Wertzuwachs haben.
Früher
pflegten sich die Christen bei allem, was sie unternahmen, zuerst zu
bekreuzigen, und bei ernsten Angelegenheiten beteten sie viel. In
unserer Epoche jedoch unterlassen die meisten von uns leider selbst bei
ernsten Angelegenheiten nicht nur das Beten, sondern auch das Denken,
und so zahlen die anderen die Rechnung für unsere Gedankenlosigkeit.
Jeder
gute Gedanke, der dem Menschen kommt, ist von oben, von Gott. Nur das,
was die Nase herunterkommt beim Schnupfen, ist von uns.
Ob einer ein Spiegel ist oder ein Konservendosendeckel, wenn nicht die Sonnenstrahlen darauf fallen, glänzt er nicht.
Betrübt
euch nicht, wenn ihr erbbedingte Mängel habt, brüstet euch aber auch
nicht mit euren ererbten Vorzügen, denn Gott wird einen jeden daraufhin
prüfen, wie sehr er sich bemüht hat, seinen alten Menschen loszuwerden.
Während
der sanfte Charakter beim geistigen Fortschritt einmal hilft, hilft
der aufbrausende mehrmals, vorausgesetzt dass der Mensch jene Kraft des
Zorns gegen das Böse wendet, gegen die Leidenschaften seiner Seele.
So
wie die aus Holz geschnitzte Ikone, wenn man mit der Lupe arbeitet,
endlos der Vervollkommnung bedarf, so bedarf auch die Seele des Menschen
endlos der Vervollkommnung, denn je mehr der geistige Blick geläutert
wird, desto genauer nimmt er die Unvollkommenheiten wahr.
Sollte
es geschehen, dass du keinen Menschen findest, der dir als geistiger
Spiegel dienen kann, entferne dich ein wenig von deiner Zelle und
betrachte von dort dich selbst, so als wärst du eine andere Person, und
du wirst viele Mängel sehen.
Wenn einer nicht seinen
alten Menschen kennt und so auf natürliche Weise gedemütigt wird, kann
die Demut für ihn nicht zum Dauerzustand werden, wie es nötig ist, damit
die göttliche Gnade in ihm bleibt.
Strebe nicht
danach, Gerontas zu werden, denn schon mit dem Gedanken daran ist es
misslungen. Noch auch begehre, den Geronta zu spielen, wenn du noch
nicht einmal Jünger geworden bist!
Wenn du von
alleine Kapitän geworden bist, ohne zuvor Schiffsjunge gewesen zu sein,
hol dir zumindest den Rat tüchtiger Seefahrer, damit du nicht
untergehst mitsamt deiner Mannschaft.
Wer von
alleine nach Würden strebt, wird auch allein ringen sein Leben lang. Wer
von Menschen erhoben wird, wird Menschen als Beistand haben. Und wer
von Gott gerufen wird, wird Gott zum Beistand haben.
Sollte
es vorkommen, dass einer von uns Altvätern geistig etwas schielt, lasst
uns von unseren Mönchen nicht blinden Gehorsam verlangen, damit wir
nicht alle in den Abgrund fallen, gemäss dem Schriftwort: Wenn ein Blinder einen Blinden führt, werden beide in die Grube fallen (Mt 15, 14).
Kommt
nicht überstürzt ins Kloster, bevor ihr eure weltlichen Knäuel entwirrt
habt, wenn ihr ohne Wirren in die Gemeinschaft hineinwachsen wollt.
Bevor
du die Welt verlässt, bete von Herzen zu Christus und gib deine Eltern
und Geschwister in Gottes Obhut. Von da an denk nicht mehr an sie, denn
nun ist Christus verpflichtet, ihnen zu helfen.
Der
Anfänger, der an seine Eltern und Geschwister denkt, hindert die
göttliche Hilfe. Wenn er auch an die Welt denkt, wird er sehr schnell
vergessen, was er durchmachte, um sich der Welt zu entwinden.
Wenn du dich der Welt nicht entwinden kannst, kämpfe zumindest darum, die weltliche Gesinnung zu entwurzeln in dir.
Schwer
lässt sich die Welt ausreissen aus unserem Inneren, wenn nicht wir
selbst uns zuerst losreissen von der Welt und ihren Lockungen.
Schwer
ist es, die göttliche Liebe zu erlangen, wenn einer nicht seine Liebe
abwendet von seiner kleinen Familie und sie hinwendet zu unserer grossen
Familie, der Familie Adams – der Familie Gottes.
Am
Anfang seines Mönchslebens darf sich der Jungmönch nicht „nass“ machen
mit weltlichem Geist, denn sonst wird er ständig knistern, wie die
Kerze, die beim ersten Eintauchen Wasser erwischt hat in ihrem Docht.
Der
Junge, der Lebhaftigkeit und Egoismus hat, sollte vom Gerontas nicht
jäh gedemütigt werden, denn sonst wird er Nebenschösslinge austreiben,
wie der junge Baum, der voller Saft ist, wenn man ihn zu sehr
beschneidet.
Jetzt, wo dein geistiger Baum noch
klein ist und seine Zweige weit unten liegen, nimm die geistige
Umzäunung und Umschnürung mit Freude an, damit du nicht angenagt wirst
von den Ziegen und verdirbst. Gedulde dich, bis du geistig
herangewachsen bist, um die anderen zu nähren mit deinen Früchten und
sie zu erfrischen mit deinem Schatten.
Das Bäumchen
wird sanft eingebunden mit Bast und nicht mit Eisendraht, der seine
Rinde verletzt und es erwürgt. So soll auch die Einschränkung des
Anfängers sachte vorgenommen werden, mit Güte, damit er nicht geistig
erstickt.
Das geistige Kind darf niemandem geistige
Rechte einräumen über sich selbst ausser seinem geistigen Vater, noch
auch soll er seine Gedanken Weltlichen anvertrauen und sich damit
demütigen vor ihnen, denn sonst wird seine Seele Schaden erleiden von
Menschen, die nichts wissen von der grossen Tugend der Demut.
Die
fleischliche Anfechtung ist kein Hindernis für den Jungen, der Mönch
werden will, vorausgesetzt, dass er sich nicht mit dem Gedanken an die
Ehe trägt. Mit ein wenig Askese, Fasten, Wachen und Gebet ordnet sich
das Fleisch dem Geist unter, wenn demütige Gesinnung vorhanden ist,
versteht sich. Zugleich legt sich der Junge mit diesem Kampf auch einen
Schatz im Himmel an.
Begebt euch nicht auf den Weg des Mönchtums, wenn ihr nicht euer ganzes Herz dabei habt, denn so werdet ihr scheitern.
Der
Junge, der sein ganzes Herz Christus schenkt und sich vertrauensvoll
einem erfahrenen Altvater von geistigem Niveau übergibt, wird den alten
Menschen ohne Schwierigkeiten ablegen, so wie die neue Kartoffel sich
ohne Schwierigkeiten schälen lässt. Doch der Alte, sofern er nicht
grosse Einfachheit besitzt, gleicht einer alten Kartoffel, die sich nur
schwer schälen lässt. Selbst wenn sie gesotten ist, muss man sie
schälen solange sie noch warm ist.
Das Grosse
Gewand, das einer in jungen Jahren empfangen hat, auch wenn es mit der
Zeit etwas staubig wird, ist sauberer als jenes des Betagten, der es am
Ende seiner Tage empfängt und es gewaschen und gebügelt von der
Schneiderei ins Grab mitnimmt.
Die beste
Gedächtnisfeier für die Welt und für unsere Vorfahren ist unser
geistiger Fortschritt, denn damit erlangen sie Anspruch auf die
göttliche Hilfe, ganz abgesehen davon, dass ihnen dann auch unser Gebet
mehr hilft, weil es Gehör findet, und dass sie sich freuen können über
ihre ehrenvolle Nachkommenschaft. Unser unwürdiges Leben aber bereitet
ihnen dreifaches Leid.
Der kinderreichste und beste
Familienvater ist der Mensch, der geistig wiedergeboren wurde und auch
seinen geistigen Kindern zur Wiedergeburt verhilft, damit ihre Seelen
das Paradies erlangen können.
Wenn jene, die als
Invalide zur Welt kamen oder von anderen invalid gemacht wurden oder aus
eigener Unvorsicht invalid wurden, nicht murren darüber, sondern in
Demut Gott verherrlichen und mit Christus leben, wird Gott sie zu den
Bekennern rechnen.
Der Gute Gott ist die
Hochherzigkeit selbst, und sogar unsere geringfügige Gabe bewegt Ihn!
Während wir den süssen Honig essen, bringen wir Gott nur das Wachs dar,
und Gott freut sich über unsere Gabe!
Mit Abfall und
Mist nährt Gott die Bäume, und sie spenden uns schöne, köstliche
Früchte. So gewährt uns Gott Seine Segnungen in Fülle. Wir elenden
Menschen aber, die wir genährt werden von den schönen Früchten und sie
in Mist verwandeln, haben leider neben unserem Undank auch noch unseren
Hochmut!
Alle Menschen empfangen die reichen
Segnungen Gottes, doch wenige danken Ihm dafür und sind glücklich und
zufrieden bei Christus.
Viele Menschen haben alles, doch sie sind freudlos, weil ihnen Christus fehlt.
Geburt der Gottesmutter, 8.9.1980
Kellion „Panagouda" des Klosters Koutloumousiou
Heiliger BergMönch Paissios
EndeGott zur Ehre
Kellion „Panagouda" des Klosters Koutloumousiou
Heiliger BergMönch Paissios
EndeGott zur Ehre
(Aus dem Buch: “ATHONITISCHE VÄTER und ATHONITISCHES”, Altvater Paissios der Agiorit, S. 192-216)
https://alopsis.gr/